I.   Überblick

II.  Rechte

  1. Verträge zwischen GmbH und Geschäftsführer
  2. Rechte aus dem Anstellungsvertrag

III.  Allgemeine Pflichten

  1. Treuepflicht
  2. Sorgfaltspflichten
  3. Maßnahmen zur Risikovorsorge

IV.  Pflichten aus dem Gesellschaftsrecht

  1. Formale Pflichten
  2. Überwachung Einlagepflicht/Kapitalerhaltung
  3. Auskunftserteilung
  4. Durchführung der Gesellschafterversammlung
  5. Rechnungslegung
  6. Steuerliche Pflichten
  7. Sozialversicherungsrechtliche Pflichten

VII.  Insolvenzantragspflicht

VIII. Corona-Krise: Sonderregelungen

 

 

 

I.    Überblick

Der GmbH-Geschäftsführer ist gesetzlicher Vertreter der GmbH und vertritt diese gegenüber den Gesellschaftern und Dritten (z. B. Kunden, Lieferanten oder Finanzamt und Sozialversicherungsträgern) gerichtlich und außergerichtlich. Die Vertretungsbefugnis – ggf. gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer – kann im Außenverhältnis nicht beschränkt werden. Aus den Vorschriften des GmbH-Gesetzes ergeben sich zwar die Pflichten des Geschäftsführers, nicht aber dessen persönliche Rechte gegenüber der GmbH. So ist dem GmbH-Gesetz z. B. nicht zu entnehmen, welche Vergütung dem Geschäftsführer zusteht oder ob und wie lange er Urlaub hat. Diese Punkte müssen individuell mit den Gesellschaftern in einem Anstellungsvertrag geregelt werden (vgl. hierzu Kapitel II.). Aus der Satzung der GmbH (= Gesellschaftsvertrag) kann sich u. a. die Erlaubnis des Geschäftsführers ergeben, selbst Geschäfte mit der GmbH abzuschließen (vgl. Kapitel II. 1.) oder die Regelung, dass mehrere Geschäftsführer nur gemeinsam handeln dürfen.

Geschäftsordnungen der GmbH enthalten oft ausführliche Regelungen darüber, welche Geschäfte der Geschäftsführer nicht ohne vorherige Genehmigung der Gesellschafterversammlung abschließen darf. Solche Beschränkungen im Innenverhältnis betreffen häufig das Verbot, Grundstücke zu kaufen oder Darlehen ab einer bestimmten Größenordnung ohne Rücksprache aufzunehmen. Die Geschäftsordnung ist gegenüber der Satzung nachrangig. So können in der Geschäftsordnung nur Regelungen getroffen werden, die der Satzung und dem Gesetz nicht widersprechen. Die Geschäftsordnung wird von der Gesellschafterversammlung aufgrund einer Erlaubnis in der Satzung beschlossen. Besteht eine Geschäftsordnung, wird der Geschäftsführer in seinem Anstellungsvertrag regelmäßig auf die Einhaltung der Geschäftsordnung verpflichtet werden.

Ein Geschäftsführer muss die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns ausführen. Bei Verletzung seiner Pflichten riskiert er, von der Gesellschaft für entstandene Schäden in Regress genommen zu werden. Aber auch Dritte wie Sozialversicherungsträger können den Geschäftsführer in die persönliche Haftung nehmen (vgl. Kapitel VI.). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte zeigt, dass der GmbH-Geschäftsführer seine Pflichten nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.

Die Ausführungen in diesem Mandanten-Merkblatt betreffen sowohl den nicht an der GmbH beteiligten Geschäftsführer (sog. Fremdgeschäftsführer) als auch den Gesellschafter einer GmbH, der Geschäftsführer innerhalb dieser GmbH ist (sog. Gesellschafter-Geschäftsführer). Auch der Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), d. h. einer GmbH, die mit weniger als 25.000 € Stammkapital gegründet wird, muss sich an die nachfolgenden Regeln halten.

 

II.   Rechte

1.    Verträge zwischen GmbH und Geschäftsführer (Insichgeschäfte)

Grundsätzlich darf niemand mit sich selbst Geschäfte abschließen (sog. Selbstkontrahierungsverbot). Dies gilt auch für Geschäfte des Geschäftsführers als Vertreter der GmbH auf der einen mit sich selbst als Vertragspartei auf der anderen Seite (sog. Insichgeschäfte). Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot muss beim Alleingesellschafter-Geschäftsführer in der Satzung geregelt sein; anderenfalls genügt ein Gesellschafterbeschluss. Die Erlaubnis der Insichgeschäfte ist immer im Handelsregister einzutragen. Soweit der Geschäftsführer von dem im Gesetz geregelten Selbstkontrahierungsverbot befreit ist, kann er – als Vertreter der GmbH – alle Verträge mit sich im eigenen Namen abschließen. Auch bei erlaubten Geschäften zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer muss dieser darauf achten, dass der GmbH dadurch kein Schaden entsteht und er im Übrigen nicht gegen die Geschäftsordnung oder Satzung verstößt.

Beispiel: Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist vom Selbstkontrahierungsverbot befreit und vermietet der liquiden GmbH eine ihm gehörende Lagerhalle für zwei Jahre zu einer ortsüblichen Miete. Diese Halle wird von der GmbH auch dringend benötigt.

Der Mietvertrag ist gültig. Ein Schaden für die GmbH ist nicht entstanden.

 

2.    Rechte aus dem Anstellungsvertrag

Von der Bestellung als Organ der geleiteten Gesellschaft zu unterscheiden ist das Anstellungsverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft: Die Bestellung als Geschäftsführer ist jederzeit widerruflich, während die Abberufung nicht automatisch zur Beendigung des Anstellungsvertrags führt. Dazu muss eine gesonderte Kündigung ausgesprochen werden, über die – wie bei der Abberufung – die Gesellschafterversammlung entscheidet. Durch den Abberufungsakt wird das Anstellungsverhältnis nicht zum Arbeitsverhältnis. Im Anstellungsvertrag kann sich der Geschäftsführer z. B. eine Abfindung für den Fall der Kündigung unabhängig von der Abberufung zusichern lassen und auch die Kündigungsfristen für beide Seiten. Denn Kündigungsschutz wie beim Arbeitnehmer hat der GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich nicht. Ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen sieht das Bundesarbeitsgericht einen Fremdgeschäftsführer als „arbeitnehmerähnliche Person“ an. Es gelten auch nicht die Kündigungsfristen wie sie für Arbeitnehmer gesetzlich geregelt sind. Veranlassung für eine Abberufung, die grundsätzlich jederzeit auch ohne Grund zulässig ist, ist regelmäßig gegeben, wenn das Vertrauen der Gesellschafter zum Geschäftsführer gestört ist.

Sinnvoll sind auch Regelungen für die Fortzahlung von Bezügen und Kündigungsfristen, wenn der Geschäftsführer sein „Amt“ als Geschäftsführer gegenüber der Gesellschafterversammlung niederlegt. Die Amtsniederlegung aus wichtigem Grund ist stets möglich und kann auch nicht durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.

Neben Gehalt, Tantieme, Dienstwagen (mit privater Nutzungserlaubnis) und Spesenersatz sollte der Geschäftsführer mit der GmbH im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag folgende wichtige Rechte regeln, weil die Arbeitnehmerschutzrechte grundsätzlich nicht für den Geschäftsführer gelten:

  • Entgeltfortzahlung für den Krankheitsfall;
  • Zuschuss zur privaten Krankenversicherung und Unfallversicherungsschutz;
  • Beitrag zur privaten Altersversorgung;
  • Urlaubsansprüche;
  • Anspruch auf Elternzeit;
  • Rechte nach dem Mutterschutzgesetz;
  • Einzelheiten über Kündigungsgründe, Fristen und Formalien, Abfindung und Weiterbeschäftigung bis zum Vertragsende;
  • Anspruch auf Arbeitszeugnis (beim Fremdgeschäftsführer);
  • Verkürzung der Verjährungsfristen wegen möglicher Schadenersatzansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer;
  • Keine Anrechnung weiterer Einkünfte bei Karenzentschädigung aufgrund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots;
  • Abschluss einer Vermögensschadensversicherung zugunsten des Geschäftsführers auf Kosten der GmbH.

Hinweise: Der Bundesgerichtshof hat im Jahr 2010 entschieden, dass die GmbH und ihr Geschäftsführer im Anstellungsvertrag vereinbaren können, dass das Kündigungsschutzgesetz für den Geschäftsführer anwendbar ist. Die GmbH kann dann ihrerseits nur bei Fehlverhalten des Geschäftsführers, langer Krankheit oder aus betriebsbedingten Gründen kündigen. In einem solchen Fall kann das Gericht u. U. die GmbH zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen, wenn bei einer nach dem Kündigungsschutzgesetz unwirksamen Kündigung davon ausgegangen werden kann, dass eine der GmbH dienliche Zusammenarbeit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer nicht mehr erwartet werden kann.

Der Geschäftsführer als Organmitglied hat keinen Kündigungsschutz, wenn er durch arbeits- oder gesellschaftsrechtliche Weisungen in seiner Vertretungsmacht im Innenverhältnis beschränkt ist.

Nach dem Widerruf seiner Bestellung besteht kein Anspruch des Geschäftsführers auf Weiterbeschäftigung in einer seiner früheren Tätigkeit vergleichbare leitende Funktion. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus Oktober 2010 kann etwas anderes gelten, wenn der Anstellungsvertrag die Möglichkeit einer anderen Beschäftigung vorsieht.

Werden die Kompetenzen des Geschäftsführers entgegen der Zuständigkeitsregelung in seinem Anstellungsvertrag beschränkt, kann er diesen fristlos kündigen.

Die Vereinbarung eines Kündigungsrechts seitens des Dienstberechtigten im Anstellungsvertrag eines GmbH-Fremdgeschäftsführers mit Vollendung des 60. Lebensjahres ist kein rechtswidriger Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, wenn dem Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens eine betriebliche Altersvorsorge zusteht.

Zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers einer GmbH ist bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen die Gesellschafterversammlung zuständig. Eine Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers fällt erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat.

In der Weigerung eines Geschäftsführers, Gesellschafter-weisungen nachzukommen, liegt eine Verletzung dienstver-traglicher Pflichten, die die fristlose Kündigung des Anstel-lungsvertrags rechtfertigen kann.

 

III.  Allgemeine Pflichten

1.    Treuepflicht

Geschäftsführer unterliegen aufgrund ihrer Stellung und Befugnisse einer besonderen Treuepflicht. Diese besteht während der gesamten Dauer der Tätigkeit und in bestimmtem Maße grundsätzlich auch nach Beendigung.

Die Aufgabe des Geschäftsführers ist die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks. Er hat hierbei aktiv die von den Gesellschaftern gesetzten Vorgaben (Unternehmensziele) umzusetzen, alle wirtschaftlichen Vorteile zugunsten der Gesellschaft zu wahren und darf Kenntnisse aus seiner Stellung nicht zu eigenem wirtschaftlichem Vorteil nutzen; ebenso wenig darf er z. B. Provisionen von Dritten für Geschäfte mit der GmbH annehmen.

Der Geschäftsführer hat über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren. Die Treuepflicht umfasst selbstverständlich auch das Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers während seiner Tätigkeit für die Gesellschaft, begrenzt auf den eigentlichen Geschäftszweck der Gesellschaft (gilt nicht für die Einpersonen-GmbH). Das Wettbewerbsverbot für den GmbH-Geschäftsführer endet laut Oberlandesgericht Rostock auch in der Gesellschaftsinsolvenz erst mit dem Verlust der Organstellung. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft lässt das Wettbewerbsverbot unberührt.

Häufig wird auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart; dafür muss der (ehemalige) Geschäftsführer dann eine Entschädigung erhalten.

Aufgrund seiner Treuepflicht zur Gesellschaft hat der Gesellschafter-Geschäftsführer z. B. auch selbst auf eine Herabsetzung seiner Bezüge hinzuwirken, wenn sich die Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse zur wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft ausgeweitet hat.

 

2.    Sorgfaltspflichten

Bei der Führung der Geschäfte ist die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden (= objektiver Maßstab). Fehlende Kenntnisse des Geschäftsführers haben keinen Einfluss auf den Pflichtenmaßstab. Der Umfang der Pflichten wird durch Größe, Art und Geschäftszweig des Unternehmens im Einzelfall bestimmt. Bei einer Delegierung von Aufgaben an (Mit-)Gesellschafter oder einer Ressortverteilung bei mehreren Geschäftsführern müssen diese informiert und überwacht werden.

Beispiele für die Verletzung der Sorgfaltspflichten: Unterlassene Nutzung finanzieller Vorteile (z. B. Subventionen, Fördermittel), Abschluss ungünstiger Verträge (z. B. überteuerter Wareneinkauf wegen Fehlplanung), unterlassene Anweisungen für wichtige Geschäftsabläufe (z. B. Überprüfung der Bonität von Kunden vor Belieferung) und fehlende Kontrolle auf Einhaltung von Anweisungen.

Der Abschluss eines neuen Rahmenvertrags ohne eine Kundenschutzklausel wie im alten Rahmenvertrag ist ein pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers, da hierin eine Überschreitung des unternehmerischen Ermessens liegt.

Der Geschäftsführer handelt auch sorgfaltswidrig, wenn einen unangemessenen und überhöhten Preis für den Firmenwert einer GbR gezahlt hat.

Hat ein GmbH-Geschäftsführer gesellschaftliche Aufgaben an Angestellte der Gesellschaft und Dritte delegiert, muss er diese sorgfältig auswählen, anleiten und kontrollieren bzw. überwachen. Außerdem muss er eine Organisation in der Gesellschaft einrichten, die Pflichtverletzungen von Personen, an die Aufgaben delegiert werden, verhindern. Schließlich trifft den Geschäftsführer grundsätzlich eine Pflicht zur laufenden Kontrolle, die nicht erst einsetzen darf, wenn Missstände aufgedeckt worden sind.

 

3.    Maßnahmen zur Risikovorsorge

Geschäftsführer müssen sich jederzeit über die finanzielle und wirtschaftliche Lage der GmbH informieren (können). Risiken für die GmbH sollen frühzeitig erkannt und dokumentiert werden. Indikatoren hierfür können die Liquiditäts- und Umsatzentwicklung sein. Kann der Geschäftsführer in einem Schadensfall nicht auf geeignete Vorsorgemaßnahmen verweisen, ist seine persönliche Haftung kaum abwendbar.

Die Risikovorsorge umfasst alle betrieblichen Bereiche, von denen eine Gefahr für den Ablauf oder Fortbestand des Unternehmens ausgehen kann. Dazu gehören auch Bereiche, deren Gefahren über Versicherungen abgedeckt sind (Produktionsausfall bei Hochwasser usw.). Hier verantwortet der Geschäftsführer, dass der Versicherungsumfang den Bestand und Fortgang des Unternehmens sichert.

Beispiel: Ein Geschäftsführer hat das Firmenfahrzeug nicht vollkaskoversichert. Ein Mitarbeiter verursacht auf der Fahrt zum Kunden fahrlässig einen Unfall mit wirtschaftlichem Totalschaden. Da die GmbH gegen Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch auf Schadenersatz hat, entsteht der GmbH ein Schaden, für den der Geschäftsführer aufkommen muss. Die Gesellschafter, denen der Geschäftsführer über seine Tätigkeit und die Vorkommnisse in der GmbH Rechenschaft ablegen muss, werden von ihm den entstandenen Schadensbetrag einfordern und z. B. mit dem Geschäftsführergehalt verrechnen.

Der Geschäftsführer muss sich darüber hinaus u. a. mit den Anforderungen der Produkt- und Umwelthaftung und der Vertragsprüfung beschäftigen. Hat die GmbH Arbeitnehmer, muss der Geschäftsführer den Personaleinsatz planen, das Personal überwachen usw. Ein weiterer wichtiger Bereich ist zudem das Forderungsmanagement. Ein funktionierendes, effizientes, auf die jeweilige GmbH zugeschnittenes Risikomanagement kann sich bei Kreditvergabe seitens der Banken positiv auswirken (Rating). Der Geschäftsführer ist auch für die Umsetzung der seit 25.5.2018 geltenden Datenschutz-Grundverordnung verantwortlich.

Hinweis: Die D&O-Versicherung („directors and officers liability insurance“) ist eine spezielle Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für GmbH-Geschäftsführer. Sie schützt GmbH-Geschäftsführer vor den finanziellen Folgen der persönlichen Haftung gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern (Innenhaftung) sowie gegenüber Ansprüchen Dritter (Außenhaftung). Bis zu einer vereinbarten Versicherungssumme sind die gerichtliche und die außergerichtliche Abwehr sowie die Zahlung von Schadensersatzansprüchen versicherter Geschäftsführer gedeckt.

 

IV. Pflichten aus dem Gesellschaftsrecht

1.    Formale Pflichten

Beim Handelsregister muss der Geschäftsführer Folgendes anmelden:

  • die Gesellschaft,
  • die Geschäftsführer,
  • den Gesellschaftsvertrag inkl. Änderungen,
  • Kapitalerhöhungen/-herabsetzungen,
  • die Vertretungsregelungen.

Angezeigt werden müssen dort auch Veränderungen bei den Gesellschaftern und/oder deren Beteiligungsverhältnissen durch Einreichung einer Gesellschafterliste.

Der Geschäftsführer hat darüber hinaus darauf zu achten, dass alle individuell adressierten Geschäftsbriefe der GmbH (E-Mails, Angebote, Bestellscheine, Empfangsbestätigungen, Preislisten, Rechnungen usw.) folgende Angaben enthalten:

  • Rechtsform der Gesellschaft (GmbH),
  • Sitz der Gesellschaft,
  • Registergericht des Sitzes der Gesellschaft,
  • Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist (z. B. HRB 1234),
  • alle Geschäftsführer mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen.

 

2.    Überwachung der Einlagepflicht und Kapitalerhaltung

Häufig wird bei der GmbH-Gründung zunächst nicht der volle Geschäftsanteil eingezahlt. Nach der Satzung ist dies meist erst nach einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss nötig. Der Geschäftsführer muss unmittelbar nach Beschlussfassung die ausstehenden Stammeinlagen einfordern. Wenn er dies versäumt, haftet er im Insolvenzfall gegenüber dem Insolvenzverwalter als Geschäftsführer und/oder Gesellschafter der GmbH für Einlagen, die dieser von den Mitgesellschaftern u. U. nicht (mehr) bekommen kann.

Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn die Auszahlung durch einen vollwertigen Gegenleistungsanspruch zugunsten der GmbH gedeckt ist (z. B. Darlehen an Gesellschafter gegen selbstschuldnerische Bankbürgschaft). Ein Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsverbot liegt z. B. auch vor, wenn an den Gesellschafter-Geschäftsführer ein überhöhtes Gehalt (verdeckte Gewinnausschüttung) gezahlt wird. Dem Geschäftsführer selbst darf die GmbH unter keinen Umständen einen Kredit gewähren, soweit das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen betroffen ist. Entnimmt ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Beträge aus dem Gesellschaftsvermögen bei Vorliegen einer Unterbilanz, kann das zudem als Untreue strafrechtlich sanktioniert werden.

Hinweis: Der Geschäftsführer muss die Liquidität der GmbH dauernd prüfen und Zahlungen vermeiden, die in die Krise der GmbH führen. Auch eine etwaige Zustimmung zur Zahlung an Gesellschafter aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses befreit den Geschäftsführer nicht von der Strafbarkeit seines Handelns.

Der Geschäftsführer haftet der GmbH gegenüber auf Schadenersatz, wenn er Zahlungen an Gesellschafter leistet und diese Zahlungen zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen (existenzvernichtender Eingriff).

 

3.    Auskunftserteilung

Jeder Gesellschafter kann vom Geschäftsführer jederzeit Auskunft über die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH verlangen sowie Einsicht in die Bücher und Steuerunterlagen nehmen. Das Auskunftsrecht erfasst alle Angelegenheiten der GmbH, z. B. die laufenden Geschäfte, und alles, was für die Kontroll-, Gewinn- und Vermögensinteressen des Gesellschafters bedeutsam sein kann. Der Auskunftsanspruch richtet sich zwar gegen die GmbH, ist jedoch vom Geschäftsführer zu erfüllen.

Aber auch ungefragt muss der Geschäftsführer die Gesellschafter über die das Gesellschaftsinteresse betreffenden Tatsachen offen, transparent, zutreffend und vollständig informieren. Zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft darf es keine Geheimnisse geben. So hat das Kammergericht Berlin im Sommer 2011 das Recht der GmbH zur fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers bejaht, weil dieser die Gesellschafter nicht vor der Auftragserteilung von Bauplanleistungen unterrichtet hatte, obwohl die Gesellschafter bestimmte Vorgaben gemacht hatten.

Der Geschäftsführer ist auf der sicheren Seite, wenn er bei nicht alltäglichen Vorkommnissen die Gesellschafterversammlung (s. unten) einberuft und sich sein künftiges Handeln vorab genehmigen lässt. Laut Oberlandesgericht Brandenburg muss die Gesellschafterversammlung der Gewährung einer Gratifikation für die Angestellten der GmbH durch den Geschäftsführer in Höhe von 25 % des Jahresüberschusses zustimmen, wenn hierdurch eine betriebliche Übung entsteht und ein künftiger Jahresüberschuss in derselben Größenordnung zu erwarten ist. Sinnvollerweise sollte der Geschäftsführer im eigenen Interesse bei ungewöhnlichen Maßnahmen die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen.

 

4.    Durchführung der
Gesellschafterversammlung

Mindestens einmal im Jahr muss der Geschäftsführer zwecks Feststellung des Jahresabschlusses eine Gesellschafterversammlung formal korrekt einberufen, außerdem in bestimmten Fällen auf Verlangen eines Gesellschafters. Im Übrigen hat eine Gesellschafterversammlung stattzufinden, wenn dies in der Satzung vorgesehen oder im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist oder bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals. Gesetzlich ist die Gesellschafterversammlung u. a. auch wie folgt zuständig:

  • Änderung der Satzung,
  • Feststellung der Gewinnverwendung,
  • Entscheidung über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses,
  • Einforderung von Einzahlungen auf die Einlagen,
  • Rückzahlung von Nachschüssen,
  • Teilung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen,
  • Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie Entlastung derselben,
  • Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung,
  • Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten.

Die Einberufung erfolgt durch den Geschäftsführer mittels eingeschriebenen Briefs, mit einer Frist von mindestens einer Woche zum Tag der Gesellschafterversammlung. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Einschreibebrief bei ordnungsmäßiger Zustellung dem Gesellschafter zugeht.

Beispiel: Soll die Gesellschafterversammlung am Donnerstag stattfinden, muss der Tag des normalen Postlaufendes der Mittwoch der Vorwoche sein. Die Aufgabe zur Post muss also am davorliegenden Montag erfolgen.

Der Gesellschaftsvertrag kann die mündliche, telefonische oder mittels elektronischer Kommunikationsmittel vorgenommene Einberufung erlauben. Dies gilt jedoch nicht für eine Einladung mit einfachem Brief, wenn nicht die zusätzliche Sicherung der Benachrichtigung vorgesehen ist. Die Ladung zur Gesellschafterversammlung muss an alle Gesellschafter geschickt werden und folgende Punkte enthalten: Tagungsort, Tagungszeit, Zweck der Versammlung (Tagesordnung). Die Einladung hat namentlich den einberufenden Geschäftsführer zu benennen. Ob die Unterschrift des Geschäftsführers enthalten sein muss, ist in der Rechtsprechung und Literatur streitig; sie ist auf jeden Fall ratsam. Einladungen ohne Unterschrift des Geschäftsführers sollten also vom Gesellschafter wahrgenommen werden, wenn klar ist, wer die Gesellschafterversammlung einberuft.

Hinweise: Ist die Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen, können Beschlüsse nur wirksam gefasst werden, wenn alle Gesellschafter anwesend sind. Des Weiteren muss eine Versammlung nicht abgehalten werden, wenn sich alle Gesellschafter in Textform mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen einverstanden erklären.

Fasst die Gesellschafterversammlung Beschlüsse, ist es Aufgabe des Geschäftsführers, diese umzusetzen. Dabei muss der Geschäftsführer prüfen, ob die jeweiligen Beschlüsse rechtmäßig zustande gekommen sind. Ein rechtswidriger Beschluss darf nicht ausgeführt werden. Im Zweifel muss eine weitere Gesellschafterversammlung einberufen werden, damit die Gesellschafter Gelegenheit erhalten, einen korrekten Beschluss zu fassen. Nichtig ist z. B. ein Beschluss, der aufgrund einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung zustande gekommen ist.

Ein Beschluss gilt als angenommen, wenn mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen Ja-Stimmen sind. Ein Euro des Nominalwerts eines Geschäftsanteils gewährt je eine Stimme. Ausnahmsweise ist eine 3/4-Mehrheit erforderlich, wenn z. B. Änderungen des Gesellschaftsvertrags erfolgen sollen. Zudem kann die Satzung der GmbH Regeln enthalten, welche Beschlüsse mit welcher Stimmenmehrheit zu fassen sind.

Auch in der Einpersonen-GmbH können Beschlüsse in Versammlungen gefasst werden. Darüber muss der Geschäftsführer unbedingt ein unterschriebenes schriftliches Protokoll mit folgenden Inhalten anlegen:

  • Alle Gesellschafterbeschlüsse sowie
  • Ort und Datum der Beschlussfassung und
  • Unterschrift des Geschäftsführers als Gesellschafter.

Hinweis: Stellt der Geschäftsführer (auch im Laufe des Jahres) fest bzw. wird er informiert, dass die Hälfte des Stammkapitals verbraucht ist, muss er unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einberufen. Unterlässt der Geschäftsführer eine Information an die Gesellschafter über den hälftigen Verlust, macht er sich strafbar. Ein Verzicht der Gesellschafter auf eine etwaige Information ändert nichts an der Anzeigepflicht des Geschäftsführers. Eine anderweitig, nicht durch einen Geschäftsführer erlangte Kenntnis der Gesellschafter, befreit den Geschäftsführer ebenfalls nicht von seiner Verpflichtung.

Häufig wird die Verletzung der Verlustanzeigepflicht erst in der Insolvenz entdeckt. Dann kann der Insolvenzrichter die Insolvenzakte der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorlegen. Zumindest fahrlässiges Handeln wird ein Strafrichter dem Geschäftsführer nach Erhebung der Anklage z. B. aufgrund von Bilanzen der GmbH nachweisen können, so dass diesem im besten Fall eine Geldstrafe droht und im schlechtesten Fall eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

Abweichend von der gesetzlichen Vorschrift im GmbH-Gesetz können die Gesellschafter aufgrund der Corona-Krise Beschlüsse auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter in Textform (z.B. per E-Mail) oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen fassen. Einzelne Gesellschafter können so Mehrheitsbeschlüsse im Umlaufverfahren nicht mehr blockieren. Diese Ausnahme gilt befristet für alle Gesellschafterversammlungen und -beschlüsse bis zum 31.12.2020. Mit einer Verlängerung diese Sonderregelung ist aufgrund der andauernden Pandemie zu rechnen.

 

5.    Rechnungslegung

Der Geschäftsführer ist für die ordnungsgemäße Buchführung der Gesellschaft zuständig. Die Buchführungspflicht umfasst die Pflicht zur Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle, zur Errichtung von Inventaren, zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz, des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie zur Offenlegung des Jahresabschlusses.

Hinweis: Das Landgericht Bonn hat entschieden, dass die fehlende Offenlegung des Jahresabschlusses und die fehlende Hinterlegung des Jahresabschlusses einen Wettbewerbsverstoß darstellen.

Der Jahresabschluss (mit Lagebericht) ist vom Geschäftsführer grundsätzlich in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres für das vorangegangene Geschäftsjahr aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften dürfen den Jahresabschluss (ohne Lagebericht) auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsverlauf entspricht. Die Unterlagen sind aber spätestens innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres aufzustellen. Eine nicht fristgerechte Vorlage von Jahresabschlüssen ist nach Auffassung des Kammergerichts Berlin ein wichtiger Grund für eine sofortige Abberufung des Geschäftsführers.

Nach Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts muss der Geschäftsführer diese den Gesellschaftern unverzüglich vorlegen, damit sie innerhalb der gesetzlichen Frist (acht Monate) die Feststellung des Jahresabschlusses beschließen können. Handelt es sich um eine kleine GmbH, gilt eine Frist von elf Monaten.

 

V.   Steuerliche Pflichten

In der Abgabenordnung sind die steuerlichen Pflichten des Geschäftsführers und die Folgen bei Nichterfüllung geregelt: Er muss zunächst das Finanzamt über die Gründung und die Eintragung der GmbH informieren sowie über die Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Alle Steuererklärungen sind persönlich zu unterschreiben. Mit seiner Unterschrift versichert der Geschäftsführer die notwendigen Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Des Weiteren haftet er persönlich für Steuerschulden der Gesellschaft, wenn durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung seiner ihm obliegenden Pflichten Steueransprüche verkürzt worden sind.

Für die GmbH müssen auch dann Steuererklärungen abgegeben werden, wenn ihr Geschäftsbetrieb ruht und sie keine Einkünfte mehr erzielt. Grundsätzlich kommt als Haftungsschuldner auch ein zwischenzeitlich ausgeschiedener Geschäftsführer in Betracht, wenn er die ihm während seiner Tätigkeit obliegenden steuerlichen Pflichten der Gesellschaft schuldhaft nicht erfüllt hat.

 

1.    Lohnsteuer

Beschäftigt die GmbH Arbeitnehmer (dazu gehören auch der Gesellschafter-Geschäftsführer und der angestellte Gesellschafter), muss sie von der gezahlten Arbeitsvergütung Lohn- und etwaige Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschlag auf die Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen. Aus Sicht der GmbH ist die Lohnsteuer Fremdgeld, das treuhänderisch einbehalten wird. Für den Fall, dass die Lohnsteuer bei Fälligkeit nicht abgeführt wird, stellt dies aufgrund der strengen Rechtsprechung regelmäßig mindestens eine grobe Fahrlässigkeit des Geschäftsführers dar. Kann die GmbH die Lohnsteuer nicht aufbringen, haftet der Geschäftsführer gegenüber dem Finanzamt immer persönlich.

Hinweis: Stellt der Geschäftsführer fest, dass die vorhandene Liquidität nicht ausreicht, um alle fälligen Löhne und die Lohnsteuer zu bezahlen, muss er die Lohnauszahlungen soweit kürzen, dass die zur Verfügung stehenden Mittel auch für die entsprechend niedrigere Lohnsteuerzahllast ausreichen (vgl. hierzu aber auch Kapitel VI.).

 

2.    Umsatzsteuer

Umsatzsteuererklärungen müssen pünktlich abgegeben werden. Dies gilt auch für die Umsatzsteuer-Voranmeldungen, selbst wenn die berechnete Umsatzsteuer-Zahllast u. U. nicht oder nicht vollständig bezahlt werden kann. Zahlt die GmbH die geschuldete Umsatzsteuer nicht, ist dies keine Steuerhinterziehung, wohl aber, wenn die Steuererklärung nicht bzw. nicht fristgemäß abgegeben wird.

 

VI.  Sozialversicherungsrechtliche Pflichten

Der Geschäftsführer macht sich strafbar, wenn er die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung den zuständigen Einzugsstellen vorenthält. „Vorenthalten“ meint hier, dass diese Beträge bei Fälligkeit nicht abgeführt werden. Sozialversicherungsbeiträge sind am drittletzten Bankarbeitstag des Beschäftigungsmonats fällig. D. h. die Sozialversicherungsbeiträge müssen zu diesem Zeitpunkt auf dem Bankkonto der Einzugsstelle gutgeschrieben sein. Ein „Vorenthalten“ liegt schon dann vor, wenn die Sozialversicherungsbeiträge verspätet auf dem Konto der Einzugsstelle eingehen. Gegenüber dem Sozialversicherungsträger haftet der Geschäftsführer insoweit immer persönlich.

Können die Beiträge insgesamt (inklusive Arbeitgeberanteile) nicht in vollem Umfang erbracht werden, ist es empfehlenswert, bei Zahlung auf der Überweisung eine Tilgungsbestimmung (zunächst auf den Arbeitnehmeranteil) zu treffen. Zu beachten ist allerdings, dass bzgl. des Arbeitgeberanteils eine Stundungsvereinbarung mit dem Sozialversicherungsträger zu treffen ist. Denn auch wenn der Arbeitgeberanteil vorenthalten wird, macht sich der Geschäftsführer bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen strafbar.

Hinweis: Bei Liquiditätsengpässen muss ggf. mit dem Arbeitnehmer eine Reduzierung des Gehalts vereinbart werden. Die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge entsteht auch dann, wenn tatsächlich kein Nettolohn ausbezahlt wird.

 

VII. Insolvenzantragspflicht

Der Geschäftsführer muss, auch wenn die Gesellschafter dies u. U. nicht wollen, im ureigensten Interesse bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH) einen Insolvenzantrag stellen. Dies gilt für jeden Geschäftsführer, auch wenn mehrere bestellt sind und auch dann, wenn z. B. ein Gläubiger seinerseits bereits einen Insolvenzantrag gestellt hat. Anderenfalls riskiert der Geschäftsführer strafrechtliche Folgen oder persönlich von Gläubigern in Anspruch genommen zu werden, die aufgrund der Insolvenzverschleppung kein Geld mehr von der GmbH bekommen. Der Geschäftsführer hat ohne schuldhaftes Verzögern spätestens drei Wochen nach Vorliegen des Insolvenzgrundes Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.

Hinweis: Der Geschäftsführer hat eine gesteigerte und auch durch seine schwere Erkrankung nicht verringerte Pflicht zur Überwachung der von ihm beauftragten Vertreter bei der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben, wenn sich die Gesellschaft in einer wirtschaftlichen Krise befindet, so bei Liquiditätsschwierigkeiten, sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit oder einem bevorstehendem Insolvenzantrag.

Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der GmbH deren Schulden nicht mehr deckt. Hingegen ist eine GmbH zahlungsunfähig, wenn sie fällige Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann, also praktisch ihre Zahlungen eingestellt hat. Beträgt die Liquiditätslücke weniger als 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist die GmbH (noch) nicht zahlungsunfähig. Zahlungsunfähigkeit liegt nicht erst vor, wenn überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet werden können. Es genügt, wenn das Unvermögen den wesentlichen Teil der Zahlungspflichten der Gesellschaft betrifft.

Der Bundesgerichtshof hat die Zahlungsunfähigkeit von der (folgenlosen) Zahlungsstockung abgegrenzt. Eine Zahlungsstockung muss jedoch vom Geschäftsführer als Alarmzeichen ernst genommen werden. Sie liegt vor, wenn anzunehmen ist, dass die GmbH sich binnen drei Wochen die erforderlichen finanziellen Mittel beschaffen kann.

Hinweise: Stellt der Geschäftsführer fest, dass die Zahlungsunfähigkeit droht, muss er (weitere) Ausgaben auf ein absolutes Minimum beschränken und Gläubigern eine Ratenzahlung anbieten bzw. diese um Stundung bitten. Bei entsprechender Zusage seitens der Gläubiger wird wichtige Zeit gewonnen, um weitere Maßnahmen zur Liquiditätsgewinnung zu prüfen und zu ergreifen (z. B. Abverkauf von Lagerbeständen, „Sale and lease back“).

Sein Geschäftsführergehalt hat er bei drohender Zahlungsunfähigkeit nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln zugunsten der Gesellschaft reduzieren. Als Grundlage für diese Entscheidung verweist das Oberlandesgericht Köln auf das Aktiengesetz, wonach bei einer wesentlichen Verschlechterung der Verhältnisse der Gesellschaft eine angemessene Reduzierung der Vorstandsbezüge erfolgen kann. Dies ist nach Ansicht des Gerichts im Einzelfall entsprechend für Gesellschafter-Geschäftsführer anwendbar. In der Insolvenz wird der Insolvenzverwalter unter Bezugnahme auf diese Auffassung des Gerichts anteilig aus seiner Sicht zu viel gezahltes Geschäftsführergehalt zugunsten der Insolvenzmasse vom Geschäftsführer einfordern. Nimmt der Geschäftsführer nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung noch Zahlungen vor, so trifft ihn auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es nicht zu einer Masseschmälerung gekommen ist, weil aufgrund seiner Zahlungen der Masse gleichwertige Gegenleistungen zugeflossen sind oder dass Zahlungen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns unter Beachtung der Pflicht zum Masseerhalt entsprochen hat.

Die GmbH-Geschäftsführerhaftung wegen insolvenzrechtswidriger Zahlungen wird nicht durch die D&O-Versicherung gedeckt.

Steht die bilanzielle Überschuldung, d. h. ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag, fest, muss der Geschäftsführer überprüfen, ob auch eine rechtliche Überschuldung vorliegt. Diese ist gegeben, wenn das Vermögen der GmbH die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. An eine positive Fortführungsprognose werden von der Rechtsprechung hohe Ansprüche gestellt, um die persönliche Haftung des Geschäftsführers zu vermeiden. Ohne Expertenrat kann eine Fortführungsprognose nach dem Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer nicht erstellt werden.

Beispiele: In einem Fall vor dem Bundesgerichtshof holte der Geschäftsführer zur Klärung des Bestehens der Insolvenzreife den Rat eines Wirtschaftsprüfers ein. Er informierte ihn über alle für die Beurteilung erheblichen Umstände. Nach eigener Plausibilitätskontrolle folgte er dem Rat und sah von der Stellung eines Insolvenzantrags ab. Hierin sahen die Richter keine Verletzung der Insolvenzantragspflicht.

Wenn der Geschäftsführer die Auskunft erhalten hat, dass zwar eine Überschuldung vorliege, er aber bei Beachtung der Liquidität und Beauftragung einer weiteren Fortführungsprognose „auf der sicheren Seite“ sei, kann darin laut Bundesgerichtshof keine plausible Fortführungsempfehlung gesehen werden.

Gleicht der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife rückständige Umsatz- und Lohnsteuer an das Finanzamt und rückständige Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an die Einzugsstelle aus, trifft ihn keine Haftung.

 

VIII. Corona-Krise: Sonderregelungen

Seit dem 1.4.2020 gilt das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht.

Die Insolvenzantragspflicht war zunächst bis zum 30.9.2020 ausgesetzt (sowohl für den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit wie auch für den der Überschuldung). Dadurch sollte die Fortführung von Unternehmen ermög-licht und erleichtert werden, die nur aufgrund der COVID-19-Pandemie insolvent geworden sind oder wirtschaftliche Schwierigkeiten hatten. Der Bundesrat hat dann im September 2020 eine vom Bundestag beschlossene Änderung gebilligt, wonach die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur noch in den Fällen der Überschuldung aufgrund der Corona-Krise für den Zeitraum vom 1.10.2020 bis zum 31.12.2020 gilt.

Seit dem 1.10.2020 ist ein Insolvenzantrag bei Zahlungsunfähigkeit wieder verpflichtend!

Die weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist kein „Freifahrtschein“. Jeder Geschäftsführer muss wissen, dass ein (späterer) Insolvenzverwalter den Jahresschluss 2019 und 2020 incl. Buchführungsunterlagen auf jeden Fall genau prüfen/vergleichen wird, um Versäumnisse des Geschäftsführers aufzudecken bzw. ihn wegen möglicher Insolvenzverschleppung persönlich haftbar zu machen.

Es ist also fortlaufend vom Geschäftsführer zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Aussetzung der Antragspflicht weiter bestehen. Es ist im Rahmen der Sanierungspflicht zu überlegen, ob trotz ausgesetzter Antragspflicht nicht eine Restrukturierung unter Inanspruchnahme eines Insolvenzverfahrens und damit eine freiwillige Insolvenzantragstellung der bessere Weg ist. Damit kann nicht nur die Haftung des Geschäftsführers vermieden werden, sondern die Gesellschaft über einen Insolvenzplan saniert oder der Geschäftsbetrieb im Rahmen einer übertragenden Sanierung fortgeführt werden.

Das Bundeskabinett hat am 14.10.2020 den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgeleg-ten Gesetzentwurf für eine Reform des Insolvenzrechts beschlossen. Für die von der Pandemie betroffenen Unter-nehmen sollen nach Inkrafttreten des Gesetzes weitergehende Erleichterungen geschaffen werden. So soll für die Überschuldungsprüfung künftig ein gelockerter Maßstab zugrunde gelegt werden, der auf die derzeitigen Corona  bedingten Prognoseunsicherheiten Rücksicht nimmt.

Rechtsstand: 6.12.2020

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